Ich bin dann mal weg

Endlich. Diesmal ist es nicht nur ein Wochenende und vielleicht noch ein Fenstertag dazu, ein Kurzurlaub, bei dem schon jede einzelne Minute vorgeplant sein muss, damit man rechtzeitig wieder zurück in die Tretmühle  kann. Nö. Diesmal wurden die Termintrolle vernichtend geschlagen und 3 Wochen Urlaub "am Stück" erlauben nicht nur ein interessantes Reiseziel, sondern auch einen lockeren Zeitplan ohne feste Planung.

 

Das ist ungewohnt. Damit muss ich mich erst anfreunden. Die Eckpunkte sind:  1) mit dem Motorrad, 2) am Meer entlang, 3) Plusgrade und Motorradwetter. Da hätte ich eine Idee: Schon lange will ich die Jadranska Magistrala - die kroatische Küstenstraße - befahren, eine der schönsten Straßen der Welt und 500 km lang. Hinunter bis in die alte Republik Ragusa, das heutige Dubrovnik. Das bietet sich also an, und müsste sich inklusive einiger Seitenpfade in 2-3 Wochen er"fahren" lassen. Ich bin solo unterwegs, eine vorausschauende Gruppenplanung ist nicht notwendig, das allzeit abrufbare Internet wird schon helfen, wenn es quartiertechnisch eng wird. Na ob das gut geht ? 

 

Deutlich mehr Gepäck als sonst sammelt sich am Motorrad und die heftigen Regenfälle des Vorabends lösen sich am Montagmorgen in der Sonne auf. Los gehts, keine Ausreden mehr, Abfahrt !

 

 

Grenzwertig.

Montag führt der Weg geradewegs nach Süden, durch Slowenien bis nach Kroatien. Der ursprüngliche Plan sah einen Grenzübertritt von Slowenien nach Kroatien nördlich von Zagreb vor, man hat dort sogar eine Brücke genau über einen Fluss gebaut, diese dann aber wegen Bauarbeiten wieder gesperrt, was das Navi natürlich nicht wissen kann. Aus eigener Orientierungskraft finde ich einen anderen kleinen Grenzübergang weiter östlich Richtung Varazdin, was das beste alles Navis natürlich mit hektischen Neuberechnungen quittiert. Sofort nach dem Grenzübertritt führt es mich ganz pflichtbewusst zur alten Route zurück, was ich zuerst auch für eine gute Idee halte. Scharf rechts sofort nach dem Grenzposten. Hm. Auf kleinen Seitenstraßen zurück nach Westen, links (also südlich) von mir ein Glanzstück von einem neuen Grenzzaun. Hm.  Ob das so in Ordnung geht? Müsste der Zaun nicht nach dem Grenzposten eher nördlich von mir verlaufen ...? Hm.

 

Zwei Männer von der Borderpolice erheben dann nicht nur energischen Einspruch, sondern meinen Verdacht auch zur Gewissheit.  Man munkelt ich versuche auf illegalem Weg die Grenze zu passieren und man kontrolliert mich wachsam. Bei der Menge an Gepäck ist wohl ein Schmuggelverdacht nicht gänzlich unrealistisch.

 

Es gelingt mir aber letztlich den Hergang der Situation in schlechtem Englisch so verwirrend darzulegen, dass die Grenzpolizisten mich als harmlos einstufen müssen und wieder abziehen. DANKE liebes Navi. Immer wieder mal zu lustigen Scherzen aufgelegt diese Navigationsgeräte.


1000 Teiche

Kroatien hat bekanntlich 1000 Inseln, und auch der Nationalpark Plitvice muss so an die tausend kleine Teiche zählen, die allesamt durch plätschernde Wasserfälle und halbverborgene Rinnsale verbunden sind. Die erste Station auf meiner Reise führt mich über die Holzstege des Nationalparks mitten durch diese fantastische Wasserlandschaft. Am Ende des Tages habe ich 1000 Bilder im Kopf und 500 Fotos aufgenommen und eine Ahnung bezüglich eines kommenden Muskelkaters.

 

Eine gewisse Befürchtung ob der drohenden Einsamkeit während einer längeren Solotour hat sich bisher nicht bewahrheitet, im Nationalpark Plitvice ist man nicht alleine.  Oh nein. Nicht alleine.

 

Küstenlinien

Wenn eine Landratte die Küste erreicht, ist der erste Blick auf das Meer noch immer etwas Besonderes . Diesmal etwas westlich von Zadar, als sich hinter einem kurzen Tunnel plötzlich der Horizont weitet, und einen grandiosen Ausblick freigibt. Ich bin DA !  Ab jetzt folge ich dieser Küstenlinie bis nach Trogir, wo ich im Palace Derossi inmitten der noblen Altstadt zu logieren gedenke, und in einem Restaurant am Hafen abends zu dinieren im Sinn habe.

Der Weg dorthin lässt das Motorradfahrerherz hüpfen. Die Straße folgt jeder Biegung der felsigen Küste und gerade wenn man sich an den Bergen sattsehen könnte, dreht sich die Straße wieder Richtung Meer (und dann das gleiche Spiel wieder zurück). Und so weiter ...

 

Am Aussichtsparkplatz an der Küste bleibt hinter mir ein deutsches Paar mit einer fetten Touren-BMW stehen. Es geschieht das gleiche wie immer. Obwohl ich den Leutchen zu wissenschaftlichen Demonstrationszwecken den Rücken zukehre, kommen sie immer näher, unauffällig schlendern sie in meine Richtung, scheinbar belanglos plaudernd... aber bevor sie mich ansprechen können setze ich meinen Helm auf und brause los hinunter ans Meer. Ich bin noch nicht einsam genug für zwei reifere Deutsche auf der Mega-BMW. Noch nicht.

 

Echt jetzt, wo immer man auf dieser Welt anhält, in der letzten Wüste oder am höchsten Berg, immer kommen deutsche Menschen daher und ganz sicher sprechen sie dich an.  Ich erinnere mich an eine menschenleere Fähre zwischen zwei namenlosen Inseln der äußeren Hebriden in Schottland. Wir am einen Ende der Fähre (Fachleute nennen das "Bug"), der deutsche Motorradfahrer am anderen Ende (richtig: am "Heck"). Kaum abgelegt setzte er sich langsam in Bewegung ... Richtung Bug ...

 

Bei Zadar spricht mich ein Radfahrer an, vielleicht ein Schwede ?, mal was Neues: ob es ab jetzt denn bergab gehe, er sei schon müde und warm wäre es ebenfalls und wie weit es bis Split noch sei. Uh. Äh. Ich komme aus der gleichen Richtung wie er. Keine Ahnung, ob es jetzt stetig bergab gehe, und bis Split werden es wohl noch 100 Kilometer sein ? Du lieber Schwede, ich fuhr weiter und das nächste Straßenschild zeigte "Split 150 km"  ojeoje, doch etwas mehr als 100km... aber es ging wirklich ein Weilchen bergab, wenn auch nicht bis Split. So weit so gut  :-)

 

Trogir erwartet mich mit lebhaftem Verkehr und ausreichend Touristendurchsetzung. Hier will ich vorerst einmal verschnaufen und neue Pläne schmieden. Das geht hier gut, mit Kaffee und einem Blick auf die Uferpromenade.

 

für heute "ENDE"

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Kommentare: 12
  • #1

    Wolfbeisser Gabi (Freitag, 08 September 2017 10:40)

    Hallo Urlauber,
    hast ja schon einige "Erlebnisse" hinter dir - aber wie gewohnt souverän gelöst! Die Fotos lösen ja schon einiges an Wehmut und Fernweh aus! Geniesse weiterhin deinen langersehnten Urlaub und lass uns immer wieder ein bisschen teilhaben (damit wir noch mehr Freude am Bürositzen haben).
    lg Gabi

  • #2

    Christine (Freitag, 08 September 2017 10:46)

    Lieber Michel,
    danke, dass du meiner Schwermut einen Namen gibst. Nicht nur, dass ich mir letzte Nacht den Arsch abgefroren habe, weil sich hier die Außentemperatur nicht mit meinem Bedürfnis nach Frischluft im Schlafzimmer in Einklang bringen ließ. Jetzt habe ich auch noch diese Bilder im Kopf .... Aber die Vorstellung, wie du versuchst trotz wandernder Horden die Schönheit von Plitvice für die Daheimgebliebenen festzuhalten oder gesprächswütigen BMW-Fahrern zu entkommen, macht's leichter.
    Spaß ohne: mir gefällt dein Blog so wie er ist sehr gut . Freue mich auf die Fortsetzung.
    Carpe diem
    Christine

  • #3

    Peter Prankh (Freitag, 08 September 2017 11:01)

    Hervorragend!
    Wenn ich schon nicht dabei sein kann, dann darf ich auf diese Weise teilhaben.
    Danke für deinen Urlaubs-Blog.
    Schöne Reise
    LG,
    Peter

  • #4

    Monika (Freitag, 08 September 2017 12:40)

    Hallo Michael,
    dank Gabi kann ich auch an deiner Reise teilnehmen und da wir vor etlichen Jahren auch schon einen Teil dieser Tour gefahren sind, kommen viele Erinnerungen hoch. Die Plitvicer Seen mit Motorradbekleidung bei gefühlten 40 Grad und ein paar nettten Menschen rund um uns. Da gab es auch irgendwo eine Hochebene wo ich dachte da kommt jetzt gleich ein Bär daher. Das war doch etwas unheimlich. Aber gesehen hab ich dann doch keinen :-)
    Super Reisebericht - freu mich schon auf die nächsten Tage.
    LG
    Monika

  • #5

    Rafaela (Freitag, 08 September 2017 17:24)

    Oh Reisender,
    bei Fährenfahrt, Grenzerfahrung und Navigation klingelt es aufs Heftigste in meinem Oberstübchen (...in meinem Hirn da scheppert es...).
    Schön, dass du das Bestreben hast, um nicht zu sagen den Enthusiasmus aufbringst, uns Leutchens hier an dieser Wunder-vollen Reise teilhaben zu lassen.
    Ich jedenfalls sauge sowohl die "echten" Bilder als auch jene, die durch Gebloggtes im Kopf entstehen mit Begeisterung und Fernweh auf. Voran! - weiter so!
    glg, Rafi

  • #6

    Andy (Freitag, 08 September 2017 17:40)

    vorzüglich, ein weiterer erfolgloser blogger wurde aktiviert :D

    bussis aus althofen, bin auch 3 wochen weg, und nein, von meiner kur gibts keinen blogeintrag!

    komm aufrecht wieder zurück, alles liebe - a.

  • #7

    Susi (Freitag, 08 September 2017 18:36)

    Lieber Michl,

    Hvala lepa, dass Du uns auf diesem Wege ein bisschen an Deinem Urlaub teil haben lässt. Ich habe Deinen Blogbeitrag mit großem Interesse gelesen, war ganz entsetzt über die Menschenmassen in Plitvice (offensichtlich hatte ich zu romantische Vorstellungen)! Danke, dass Du dennoch auch "menschenleere" Fotos gemacht hast (wie viele Stunden hast Du darauf gewartet, dass der Steg frei ist?). Die Fotos finde ich fantastisch, ich werde sie wohl noch mehrmals anschauen. Bitte, weiter so!

    Gute Reise und viele amüsante Abenteuer!

  • #8

    Marlies (Freitag, 08 September 2017 20:04)

    Tja, ich weiß nicht,ob ich das jetzt richtig mache...
    Wie du sicher erwartet hast, schreibe ich jetzt erst kurz vor acht. Ich hatte heute meinen freien Tag und war von 8:30-17 Uhr in der Ordi! So schaut Sebstständigkeit aus mein Lieber! Um so erfreulicher von dir zu lesen und zu schauen und zu staunen! Wundervolle Bilder. Aber die Hauptsache, zu wissen, dir geht es gut! Der Gedanke, dich so auf deiner Reise zu begleiten, gefällt mir!
    Ich freue mich auf weitere Eindrücke und werde das Lesen am Tolino verschieben. Gute Nacht. Marlies

  • #9

    Silvia M. (Samstag, 09 September 2017 14:46)

    Danke Michl, deine wunderbaren Bilder werde ich am Montag im Kopf haben wenn ich in der Schule sitze und das wird mir ein wenig helfen den Tag zu überleben.Oder auch nicht. :-)

  • #10

    Romana (Montag, 11 September 2017 10:20)

    super schöne Bilder (was anderes hätte ich aber auch nicht erwartet!) Plitvice muss ja ein Traum sein!!! freu mich schon auf me(e/h)r :-)

  • #11

    Kathy Fink (Montag, 11 September 2017 16:22)

    Hallo Michl!
    Danke für die tollen Einblicke in die kroatische Kultur! Ich bin aufs höchste fasziniert! Ich arbeite gerade ganz brav, wie es sich gehört, mit Jakob an unseren VWAs! Genieße dein Abenteuer noch und teile Jakob bitte rechtzeitig mit, wann du nach Hause kommst, damit er die ganzen Wodkaflaschen wegräumen kann! Das wär zuckersüß!
    Liebe Grüße,
    Kathy

  • #12

    Barbara & Michael (Dienstag, 12 September 2017 15:06)

    Dein Blog liest sich super! Fühlt sich an, als wären wir dabei. Wir wollen mehr, mehr mehr mehr!! (Meer?! Wir bekommen Fernweh...)